Der Prozess begann schleichend, fast unmerklich vollzog sich in unserem Haus eine dramatische Veränderung. Anfangs habe ich es noch gar nicht mitbekommen und dachte eher an Zufälle. Inzwischen weiß ich aber, es steckt Methode dahinter und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Es begann vor einigen Jahren mit unserer ersten Katze Loona. Wie bereits berichtet, wurde das Haus in vielen Teilen umgestaltet und mehr oder weniger katzengerecht eingerichtet. Nun, liebe Leser, wie sie inzwischen wissen, folgte auf Loona der Emilio, dann kam Lavinia und schließlich Da Capo (Constantino). Mit der Zunahme und schließlichen Überzahl an kätzischen Bewohnern dieses Hauses (ich möchte nicht extra betonen, dass die Menschen hier inzwischen eine Minderheit darstellen), vollzog sich ein Wandel in der Nutzung des Hauses, welches ursprünglich einmal für Menschen gedacht war.
Die ersten Veränderungen wurden nach eher praktischen und sicherheitstechnischen Gesichtpunkten umgesetzt. Die Treppen wurden nach Loonas Unfall mit Netzen abgesichert, das Haus bekam eine Katzenklappe und im Wohnzimmer und Küchenbereich wurden meterlange Holzbretter als Cat-Walk an die Wand geschraubt. Spielzeuge, Kletter- und Kratzmöglichkeiten rundeten die Einrichtung ab.
Irgendwann fiel mir auf, das unsere Zimmer im Laufe der Zeit irgendwie kleiner geworden waren. Mitten im Wohnzimmer stand jetzt ein mächtiger Kratzbaum, der auf mehreren Säulen ruhte und bis zu Decke reichte. Das war in diesem Zimmer bereits der dritte Kratzbaum. Alle Möbel und Schränke waren irgendwie sinnvoll mit Brettern und Kratzbäumen oder anderen Katzenmöbeln verbunden. Es gab eigentlich nur noch wenige Möbel oder Gegenstände, mit denen unsere Katzen nichts anfangen konnten und die ausschließlich menschlichen Bedürfnissen und Zweckvorstellungen dienten. Aber wie gesagt, der Umgestaltungsprozess ist noch nicht zu Ende ...!
Geht man dann mit offenen Augen durch das Haus, fallen weitere Details auf, die die heimliche Übernahme dieses Hauses durch die Katzengesellschaft wahrscheinlich werden lassen. Im Schlafzimmer angekommen laufe ich erneut gegen einen riesigen Kratzbaum, der mitten im Raum steht. Die Begründung für die Standortwahl dieses "Kratzbaum-Monsters" ist die gleiche, wie für den gewaltigen Kratzbaum im Wohnzimmer. Er steht deshalb mitten im Raum und damit ziemlich im Weg, damit die Katzen freien Blick nach draußen durch die Fenster haben, sollten sie dort einmal liegen. Nun, diese Begründung mußte auch mir einleuchten. Schließlich starre auch ich nicht gerne gegen eine Wand in irgendeiner Zimmerecke. Das Schlafzimmer wird katzengerecht komplettiert mit weiteren diversen Kleinmöbeln (Kletter-Tonnen und Schlafinseln). Manchmal stelle ich mir vor, wie das weitergehen könnte. Falls die Katzen es wünschen, rücken wir mit dem Bett in eine Zimmerecke und könnten so weitere nützliche Möbel für unsere Mitbewohner aufstellen bzw. räumen einige Zimmer gleich ganz und überlassen sie der maunzenden Mehrheit.
Das unser Garten neben einem katzensicheren Zaun ebenfalls mit allen möglichen Freiland-Kratzbaumvariaten und Katzenliegeflächen gespickt ist, möchte ich nur der Vollständigkeit halber erwähnen.
Als geduldeter Hausmeister in diesem Haushalt habe ich beobachtet, dass manche Wandecken gerne zum Krallenschärfen benutzt werden. Wenn dann die Rauhfasertapete in Streifen ein rustikales Ambiente schafft, habe ich derart verschönerte Ecken mit kratzfesten Sisalmatten beklebt und dachte, dass ich damit unseren Katzen einen Gefallen getan hätte. Aber weit gefehlt ! Von Stund an meideten die "Innenarchitekten" diesen Bereich und die Sisalmatte hängt bis heute unbehelligt an der Wand. Es gibt noch genügend "ungeschützte" Ecken, die jetzt vorzugsweise bearbeitet wurden. Dabei waren unsere Katzen sehr erfinderisch. Ist die Tapete in den unteren 70 cm ausreichend bearbeitet worden, so klettert man nächstes Mal auf die Lautsprecherbox, damit man das angefangene Werk bis fast zur Decke ebenfalls noch fertigbekommt. Und hier nun ein echter Hausmeister-Tip ! Keinen neuen Sisalmatten aufhängen. Auch das werbewirksam den genervten Katzenbesitzern vermittelte Besprühen mit Katzenminze-Spray oder dergleichen zeigte keinen Erfolg. Das einzige taugliche Gegenmittel: PONAL-Holzleim und eine gewisse Toleranz gegen Kratzspuren an der Tapete.
So gehe ich in regelmäßigen Abständen mit der Ponalflasche durch das Haus und klebe akribisch alle Tapetenstreifen und Krümel wieder an. Anschließend bestreiche ich die gesamte Fläche dünn mit Ponal-Holzleim. Nach dem Trocknen erhält man eine extrem harte und sehr kratzresistente Oberfläche, die unseren Katzen nicht mehr soviel Spaß bereitet, wie die zuvor zerfetzte weiche Rauhfasertapete. Nach 2-3 Reparaturversuchen ist die Fläche dann so hart und stabil, dass ich es wieder wage etwas weiße Wandfarbe aufzutragen. Anschließend ist nichts mehr zu sehen von den Katzenkünstlern. Zugegeben, einige Ecken sind extrem beliebt und werden immer mal wieder angekratzt.
Im Verhalten der Menschen hat sich auch so einiges verändert. Nähert sich z.B. Loona nach einem schönen Tag im Garten ihren fernsehenden Menschen auf der Wohnzimmer-Couch, so bemühen sich beide sofort eine Körperstellung einzunehmen, die eine Katzenschlafgelegenheit in Form einer weichen Mulde darstellt. Die Arme werden weiträumig auf dem Bauch verschränkt und die arme Loona soll dann mit lockenden Worten und Gesten davon überzeugt werden, dass nur bei Mensch A oder B der wahre Schlaf- und Kuschelgenuß zu erwarten ist. Kommt Lavinia daher und springt auf den kleinen Beistelltisch neben der Couch, so bekomme ich wenige Sekunden später erste Anweisungen, dass der Tisch gefälligst von Zeitungen, Fernbedienung und Trinkgläsern zu befreien ist, da ansonsten die "arme" Lavinia keinen Platz zum Liegen findet. Und mehr noch: sie müßte sich dann doch tatsächlich einen weniger schönen Platz auf dem Boden suchen.
War ich so leichtsinnig und bin während des Fernsehens aufgestanden und kehre kurze Zeit zu meinem angestammten Platz auf dem Sofa zurück, so liegt "Lavinchen" quietschvergnügt auf meinem Platz und es wäre nicht sehr ratsam, sie dort wieder zu vertreiben. Lavinia quittiert solche Versuche mit ihrem unnachahmlichen Gefauche und der zweite Mensch im Haus sagt sofort:" Laß sie doch ! Du kannst dich doch auch auf einen anderen Platz hinsetzten !"
Trotz Katzenklappe schaut Emilio oft von außen durch die Terrassentür und möchte uns zum Öffnen der Tür animieren. Da wir gut erzogen sind, gelingt ihm das auch immer wieder. Manchmal heißt es aber auch vorwurfsvoll: "Hast Du nicht gesehen , dass Emilio vor der Tür wartet ???"
Ich möchte damit meinen Bericht abschließen. Unsere Katzen sind bei uns Könige und Prinzessinnen und haben uns inzwischen so gut erzogen, dass sie sehr zufrieden mit dem Hauspersonal und "ihrem" Haus sind.......
Torsten Sause
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(c) Fotos und Text: Torsten Sause