Die Katzenkönigin
Eva-Maria Kolfenbach
Immer, wenn Weihnachten naht, macht sich die Katzenkönigin auf, um mit ihren Untertanen das Fest zu feiern. O ja, auch Katzen feiern Weihnachten! Denn bei Christi Geburt war eine der Ahninnen im Stall mit zugegen, wärmte das Kind, als Mutter Maria und Josef erschöpft schliefen... Nur als dann Menschen nahten, floh die Katze, sie hatte zu schlechte Erfahrungen...
Seither treffen sich an Weihnachten alle Katzen an einem geheimen Ort zu einem geheimen Zeitpunkt.
Dieses Jahr herrschte Eiseskälte, der Schnee lag meterhoch, und ein mächtiger Sturm tobte. Flink huschten die weißen Kätzchen, die den weißen Schlitten mit der Katzenkönigin zogen, Heiligabend durch den verschneiten Wald zum Treffpunkt. Die Katzen feierten ihre eigene Weihnacht... Auf dem Rückweg verstärkte sich der Sturm fast zum Orkan. Als der Schlitten über einen dicken Eisbrocken holperte, wurde die Katzenkönigin aus ihren warmen Decken in den tiefen Schnee geschleudert. Die besonders flink ziehenden Kätzchen hatten nichts bemerkt. Die Katzenkönigin schluchzte und rief, doch der heulende Sturm verschluckte ihr zartes Stimmchen. Vor Schreck und Kälte fiel sie in Ohnmacht.
Ein großer starker Tigerkater, der sich auf dem Nachhauseweg befand und mächtig Eile hatte, ins Warme zu kommen, hätte das reglose weiße Bündel im tiefen Schnee beinahe übersehen. Er zerrte es am Nackenfell an eine einigermaßen geschützte Stelle unter eine Tanne und rieb mit seiner Zunge den erstarrten Körper warm, bis die Katze ihre herrlichen Goldaugen aufschlug.
Da war es um den Tigerkater geschehen...
Die Katzenkönigin weinte herzzerreißend und flehte Tiger an, sie nach Hause zurückzubringen. Und Tiger, mit seinem Herzen voller Liebe, schaffte es, seine weiße Herzkönigin nach einer langen Reise voller Gefahren und Nöte bis in ihr Reich zu begleiten.
"Bleib bei mir", bat ihn die Katzenkönigin mit süßem Augenaufschlag. "Du sollst mein Gemahl sein. Du bist der beste Kater, und du hast mein Herz gewonnen. Hier bei mir soll es dir gutgehen, an nichts mangeln".
"Meine Königin", antwortete Tiger, "dass ich dich liebe, das weißt du. Aber ich muß zurück zu meinen Menschen, denn meine Arbeit endet nie. Ich bin der Bewahrer der Kornvorräte, die räuberischen Nager fürchten mich. Aber ich werde wiederkommen". Was Tiger ihr nicht sagte, war, dass er frei und ungebunden leben und umherstreifen musste, ein Leben voller Abenteuer dem Dasein eines wohlbehüteten Prinzgemahls vorzog.
Fest drückte die Katzenkönigin ihren Liebsten an sich. Damit er immer an sie dachte - und andere Kätzinnen sahen, dass er ihr gehörte - zeichnete sie ihn. Seine Pfoten, mit denen er sie zum Abschied umfing, färbten sich weiß, die Brust, unter der sein Herz für sie schlug, auch. Und auch sein Bauchfell...
Just zur nächsten Weihnacht traf Tiger bei seiner Katzenkönigin ein. Welch eine Überraschung, als ihm drei schneeweiße und drei getigerte Kätzchen mit weißen Pfötchen und Hälschen entgegenstürmten - seine Kinder.
Keine Feder, keine Zunge kann das herrliche Fest beschreiben, das die Katzenkönigin mit den ihren und allen Untertanen feierte....
Veröffentlichung des Textes mit freundlicher Genehmigung von "Our Cats" ..zurück zu News>>>