oder
bei vier Katzen verliert man schon einmal den Überblick......
Der Frühling hatte begonnen und die nächtlichen Temperaturen bewegten sich nicht mehr im frostigen Bereich. Der Schnee war geschmolzen und es waren schon die Spitzen der ersten Frühlingsblumen zu sehen.
Es war Dienstag. Der Wecker klingelte wie immer um 5.00 Uhr morgens. Ich sprang aus dem Bett und stellte den Wecker aus. Im Dunkeln tastete ich mich auf den Flur, schaltete das Licht an und blickte zurück ins das Schlafzimmer. Im Lichtschein erkannte ich ein rotes Fellbündel, das bei Heidi im Bett tief und fest schlief. Es war Emilio, so meinte ich, der es sich nicht nehmen lässt, jede Nacht bei Heidi im Bett zu schlafen. Es war eigentlich alles so wie jeden Morgen. Ich vermisste allerdings den gewohnten „Plumps“, wenn Emilio aus dem Bett springt, nachdem der Wecker geklingelt hat. So ein müder Kerl, dachte ich, das muß ja eine sehr anstrengende Nacht für ihn gewesen sein.
Ich ging die Treppe hinunter in unser Wohnzimmer. Loona lag auf der obersten Plattform unseres deckenhohen Kratzbaums und schlief ebenfalls tief und fest. Merkwürdig, sie springt sonst immer freudig vom Kratzbaum herunter, sobald ich den Raum betrete, um mich zu begrüßen, Das musste aber wirklich eine sehr aufregende Nacht für unsere Katzen gewesen sein, dachte ich für mich. Da Capo Constantino saß in der Küche auf dem Fensterbrett und kratzte aufgeregt an der Fensterscheibe. Ich freute mich, dass zumindest eine unserer Katzen mit mir aufgestanden war und mir Gesellschaft leistete. Wahrscheinlich beobachtete er wieder die Spatzen, die sich im Garten tummelten. Ein kurzer Blick in Richtung Fenster ließ mich allerdings erkennen, dass es draußen noch dunkel war. Vögel fliegen im Dunkeln nicht und so können es keine Spatzen sein, für die sich Constantino so sehr interessierte. Ich wurde neugierig und ging zum Fenster. Schon von weitem erkannte ich eine Katze, eine rote Katze, die draußen vor unserem Küchenfenster saß. Eine fremde Katze? Auf unserem Grundstück, das wir so aufwendig eingezäunt und katzenein-und ausbruchsicher gemacht haben? Wie konnte das möglich sein? Ich war am Fenster angekommen und was ich hinter der Fensterscheibe sah, besser gesagt, wen ich dort sah, ließ mich daran zweifeln, dass ich schon wach war. Nein, das konnte nicht sein!
Es war Emilio, der vor unserem Fenster im Blumenkasten saß und sehnsüchtig in unsere Küche schaute. Ich konnte es immer noch nicht glauben und kontrollierte die Katzenklappe. Diese war sorgfältig verschlossen, so wie wir es immer tun, wenn wir abends ins Bett gehen. Es konnte keine unserer Katzen unbeaufsichtigt in den Garten gelangen. Wie also ist Emilio in den Garten gekommen, wenn alles so sorgfältig verschlossen war? Meine Gedanken kreisten wild durcheinander, bis es mir plötzlich klar wurde. Wir haben ihn am Abend zuvor einfach „vergessen“. Ausgerechnet unseren Emilio! Für jede unserer anderen Katzen wäre es ein willkommenes Abenteuer gewesen, die Nacht im Garten zu verbringen. Für Emilio muß es ein Albtraum gewesen sein, den er wohl so schnell nicht vergessen wird. Die ganze Nacht allein im Garten ohne uns und ohne seinen geliebten Futternapf!! Ich öffnete die Terrassentür und Emilio hätte mich fast umgerannt. Im Schweinsgalopp stürmte er auf die Futternäpfe zu. Er futterte und futterte und holte alles nach, was er in den nächtlichen Stunden so unfreiwillig entbehren musste.
Ich nahm Emilio auf meinen Arm, weckte Heidi und erzählte ihr die ganze Geschichte, die immer noch der Meinung war, dass Emilio die ganze Nacht bei ihr im Bett geschlafen hat. Sie war plötzlich hellwach „Das glaube ich nicht, rief sie völlig aufgeregt, ich habe doch in der Nacht meinen Emilio gefühlt und ihn gestreichelt“.
Wer aber hat dann in dieser Nacht bei Heidi im Bett geschlafen? Es war Lavinia, die diese katerfreie Situation sofort ausgenutzt hat.
Wir schauten uns betroffen an und ein schlechtes Gewissen ließ sich nicht vermeiden. Wir waren uns einig, das durfte nicht wieder passieren!
In Zukunft zählen wir unsere Katzen nach, bevor wir abends die Katzenklappe verschließen.
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(c) Foto: Torsten Sause
Text: Heidi Wolf